Liebster Heine! Bevor ich zur eigentlichen Beantwortung Ihres in jeder Be- | ||
ziehung so lieblosen Drohbriefes schreite, finde ich es für nöthig, Ihnen zuerst | ||
5 | den eigentlichen Sachverhalt über das hiesige später mit der Iris Gesellschaft | |
zu Paris bestehende Gasgeschäft mitzutheilen. Es ist dies um so nöthiger, weil | ||
Sie daraus ersehen werden, daß ich von dem von Ihnen der Iris Gesellschaft | ||
übergebenen Gelde durchaus keinen Antheil hatte und auch nicht einen | ||
Pfennig dabei prophetirte, sondern im Gegentheil durch Unvorsichtigkeit | ||
10 | selbst d a s s c h öne C a p i t a l v o n 40,000 f r a n c s e i n g e b ü 2 2 3 ; t h a b e , wovon | |
Sie sich selbst überzeugen können, indem ich diese Summe baar der Iris ge- | ||
zahlt habe, welches sowohl Boulanger als Chappon bestättigen werden. | ||
Im Jahre 1845 schloß die Breslauer Gas-Gesellschaft hier mit der Stadt | ||
Prag den Vertrag über Uebernahme der Beleuchtung der Stadt durch Gas ab. | ||
15 | Die Gesellschaft verwendete im Anfange ein Capital von 48,000 Preuß. | |
Thalern und da dieselbe nicht im Stande war, das Geschäft ohne Associes | ||
durchzusetzen so wurde ich beauftragt, nach Paris zu gehen, um Geldmänner | ||
zu finden, die sich dem Geschäfte anschließen wollten. Ich reißte deshalb zu | ||
Ende Dec. 1845 nach Paris, und nachdem ich mit mehreren Gesellschaften | ||
20 | unter andern mit der französischen Gascompagnie, mit den Banquierhause | |
Mallet Frere et Blouslattin in Unterhandlung stand, die sämmtlich das Ge- | ||
schäft machen wollten, so entschloß ich mich doch mit der Iris abzuschließen, | ||
weil mir der damalige Gerant die meisten Vortheile gewährte. Er verpflichtete | ||
sich nämlich durch Contractsschluß, die sämtlichen nöthigen Gelder zur Er- | ||
25 | richtung der Gas-Anstalt von Prag zu geben, ferner zur Zurückzahlung der | |
von der Breslauer Gesellschaft verausgabten 48 000 Thaler und nachdem das | ||
von der Iris Gesellschaft mit 5% Zinsen und 3% Amortisation geliehene | ||
Capital würde getilgt werden, der dann noch übrigbleibende Rest, in zwei gleiche | ||
Theile als Gewinn zwischen der Breslauer Gesellschaft und der Iris getheilt | ||
30 | werden soll. Der Vertrag war nur provisorisch bis zur Zeit wo der Gerant | |
sich selbst von Allem in Prag würde überzeugt haben. Am 24ten Dec 1845 ver- | ||
lies ich mit den Geranten H. Boulanger Paris um direct nach Prag zu reisen. Zu | ||
gleicher Zeit sandte die Iris einen ausgezeichneten Gas Ingenieur Herrn | ||
Grongemenil nach Prag um in Gemeinschaft mit dem Geranten alles genau zu | ||
35 | untersuchen. Anfang Januar kamen wir nach Prag und nachdem beide Herren | |
aus Paris sich von den Vortheilen die Gasbeleuchtung in Prag einzurichten | ||
überzeugten, wurde der förmliche Contract abgeschlossen; Ich selbst hatte von | ||
dem innern Wesen der Iris keine Kenntniß. Ich las blos die Statuten und das un- | ||
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geheure Capital von 10,000 000 frs. Ich hatte auch kein Recht mich in die | ||
inneren Angelegenheiten zu mischen. In den wenigen Tage die ich im Bureau | ||
der Iris zubrachte, sah ich von Zeit zu Zeit immer Leute kommen die Actien | ||
nahmen, daher ich auch gar keinen Anstand nahm selbst ein Capital von 40,000 | ||
5 | frank baar einzuzahlen und dafür 800 Stück Actien nahm. Ich fand mich auch | |
im Anfang ganz befriedigt. Die Iris remboursirte der Breslauer Gesellschaft | ||
die 48,000 Thaler und sandte auch regelmäßig Geld zum Weiterbau der An- | ||
stalt. Im Frühjahr 1846 kam ich selbst nach Paris, um mich selbst genauer zu | ||
unterrichten. Damals war es wo die Actien jene Schwindelhöhe erreichten und | ||
10 | die mich veranlaßten durchaus keinen Verdacht zu haben, nur eins befremdete | |
mich, daß mir Boulanger nicht erlaubte meine Actien zu verkaufen, behauptend | ||
es würde noch besser gehen. Es war dies eine Haussade wie deren so viele in | ||
Paris vorkommen, die aber zuletzt ein schreckliches Ende nehmen. Das | ||
lamento welches diese gekünstelte Haussade veranstaltete konnte aber trotzt | ||
15 | den größten Anstrengungen nicht anhalten, die Actien zogen nicht an, und | |
Boulanger sah sich genöthigt sich zurückzuziehen und Chappon übernahm | ||
die Gerance. Chappon selbst hatte ein bedeutendes Vermögen, großen Einfluß | ||
und die Actionnaire hofften durch eben diesen kaufmännischen Einfluß, daß | ||
er den Actien einen größern Werth verschaffen wird. Es war dies grade beiläufig | ||
20 | zu jener Zeit als ich Ihnen die 1 000 franks zur Badereise lieh, und wovon Sie | |
seit jener Zeit nicht ein Wort selbst bei meiner spätern Angelegenheit er- | ||
wähnten. Es hatte auch das Ansehen daß die Iris sich heben würde. Gleich | ||
bei der ersten Sitzung der Actionnaire die ich auch noch beiwohnte, waren die | ||
meisten damit einverstanden, alles mögliche aufzubiethen, um die von Boulan- | ||
25 | ger eingegangne Verpflichtungen vis à vis der Prager Anstalt zu erfüllen. Ich | |
reißte bald darauf im Ende Juni 1846 von Paris ab und Chappon gab mir | ||
50 000 fr in zwei Wechseln von Rothschild aus Paris auf Rothschild in London. | ||
Ich kam nach Prag um mit aller Energie den Bau während des Sommers zu | ||
sichern. Es ging alles ordentlich von Statten, die Iris sandte mir monathlich | ||
30 | 20,000 bis 30 000 fr und als der November herankam und die Bauten eingestellt | |
werden mußten, ging ich wieder nach Paris, um ein ähnliches Geschäft wie mit | ||
Prag mit Pesth abzuschließen. Auch diesmal noch von nichts ahnend, weil Herr | ||
Chappon pünktlich die Verpflichtungen erfüllte, schloß ich das Pesther Ge- | ||
schäft mit Chappon vulgo Iris ab. Ein neuer Beweis daß ich die Iris eben so | ||
35 | solvent hielt, als nur irgend jemand. Ich konnte auch nicht anders, weil | |
Chappon mir während meines dortigen Aufenthalts fortwährend Rimessen | ||
auf Prag übermachte | ||
Im Februar 1847 verlies ich wieder Paris mit den Versprechungen des | ||
Herrn Chappon daß man alles aufbiethen wird, das Prager Geschäft so groß- | ||
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artig als möglich zu fundiren. Das Frühjahr kam heran, ich lies den Bau mit | ||
aller Energie angreifen, lies 84,000 Stück gußeiserne Röhren legen; doch im | ||
Juni 1847 zeigte es sich zum erstenmal daß die Iris nicht so fest steht als ich | ||
glaubte. Ich besitze noch den Brief des Herr Chappon worin er mir anzeigt, | ||
5 | daß die Actionnaire der Iris nicht pünktlich einzahlen, und daß ich mich in der | |
Folge nur mit einem Capitale von 10,000 Franken monathlich begnügen müße, | ||
zugleich aber auch, daß da die Iris sobald das im Contracte stipulirte Capital | ||
von 900,000 Franks wird gezahlt haben, man nichts weiter geben wird. Unter- | ||
deß reichten aber die 10,000 fs monathlich die ich erhielt nicht aus, und da ich | ||
10 | voraussah, daß wenn die Anstalt nicht fertig wird, dieselbe gar keinen Werth | |
hat, so entschloß ich mich, da ich einen ziemlichen Credit hatte, mir Gelder | ||
einstweilen zu leihen, die ich später hoffte, wenn die Iris sich wieder wird | ||
erhohlt haben, wiederzuerstellen, oder die Anstalt damit zu verhypotheciren. | ||
Ich bekam auch auf diese Weise ein Capital von 123,000 f. Conventions Münze | ||
15 | circa 300,000 fr, wodurch ich es so weit brachte, daß Ende September 1847 | |
die Anstalt den größten Theil der Stadt beleuchtet hat. Damals erhielt ich von | ||
allen Actionnairen den Dank, weil man sagte, daß ich dadurch die Anstalt | ||
gerettet habe, aber wie es zum Bezahlen der Summen kam, da fand sich keiner, | ||
der auch nur mit einem Sous mich unterstützen wollte. Die Iris konnte ihre | ||
20 | Verpflichtungen nicht erfüllen, man wollte eine Anleihe bei Laffitte Blaunt | |
& Com machen, später bei Beyfuß in Frankfurt a/M. Allein alles mislang, die | ||
Finanzkrise in England später das Fallissement von Haber, und alle Unter- | ||
handlungen zerschlugen sich, und ich allein wurde für die Gesellschaft das | ||
geschlachtete Opfer. Ich hoffte auf die Iris, in Paris auf die Actionnaire, allein | ||
25 | alle Hoffnung ging verloren, nachdem mein Schwiegervater und der Rath | |
Schar. aus Paris Ende 1847 zurückkehrten, und keine Unterstützung mit- | ||
brachten. Im Gegentheil ich wurde auserkoren der Sündenbock für Alle zu | ||
werden. Nachdem mein Schwiegervater und der Rath aus Paris hierhin kamen, | ||
und kein Geld mitbrachten, um die von mir für die Anstalt verausgabten | ||
30 | Gelder zu decken, dieselben aber die Anstalt nicht fallen laßen wollten, und | |
noch immer darauf rechneten, daß sich vielleicht mit der Zeit jemand finden | ||
wird, der das Ganze übernehmen wird, vielleicht auch als Theilnehmer auf- | ||
treten, so wurde beschlossen, mich von der Anstalt zu entfernen, damit man | ||
vis a vis dem Publikum als gerecht dastehe, meine Vollmacht wurde mir ge- | ||
35 | nommen und ich stand brodlos da, ich der ich das Geschäft gegründet, Tag | |
und Nacht gearbeitet, und wie es sich erst jetzt zeigt, die Prager Anstalt als eine | ||
Musteranstalt für Gas einrichtete. Ich konnte als Einzelner vis a vis der Gesell- | ||
schaft nichts thun, und so wurde ich blamirt, geschändet, und ein anderer | ||
bekam die Directionsstelle. Für die Schulden wurden Hypothek auf ein Jahr | ||
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bestellt, die Breslauer Herren in Begleitung des Bevollmächtigten der Iris den | ||
Avoué aus Paris Herr Dromery verließen Prag, hoffend, daß jetzt alles gut | ||
werden wird da doch die Anstalt fertig w a r , und das Wachsen der Einnahme zu | ||
rechnen war. So weit standen die Angelegenheiten, als die Februarrevolution | ||
5 | ausbrach. Jetzt hatten alle Combinationen ein Ende. Ich brauche Ihnen nicht | |
mitzutheilen, welche Wirkungen dieses Ereigniß hervorbrachte, genug die | ||
Anstalt erhielt auch nicht eine Flamme als Zuwachs im Gegentheil als die | ||
Revolution und später das Bombardement durch Windischgraetz ausbrach, | ||
wurde der größte Theil der Candelaber und Laternen niedergeschoßen, und | ||
10 | alle Laternen mußten neu hergestellt werden. Eine Ausgabe die mehrere | |
Tausende kostete, und da man nicht alle Gläubiger deckte, so wurde ich, ich | ||
schäme es mich zu sagen, ins Schuldgefängniß geworfen. | ||
Nachdem nun meine Frau ihren Schmuck Juwelen und Silber versetzte, | ||
und eine Freundinn meiner Frau, ein schuldenfreies Haus als Bürgschaft für | ||
15 | mich einsetzte, daß ich Prag nicht verlaßen werde, wurde ich aus dem Schulden- | |
gefängniße befreit. Sie werden daraus ersehen, daß ich ein armer Mann war, | ||
und nichts hatte. Mein Schwiegervater hatte damals seinen Kopf mit Ferdi- | ||
nand voll, der ihn tausende kostete mir aber nichts zukommen lies, und hun- | ||
derte von Personen werden es beweisen, daß ich zu jener Zeit mit meiner Fami- | ||
20 | lie als Bettler lebte und ich kann es heut mit Stolz sagen, häufig nicht das Brod | |
im Hause hatte. Doch Gott wollte mich nicht fallen laßen. Ich fand einen | ||
edlen Menschenfreund, der mich unterstützte, und der als Besitzer mehrerer | ||
Hypotheken auf die Anstalt dieselbe einklagte, und da weder die Iris noch die | ||
Breslauer Gesellschaft die Hypotheken einzahlen konnten, so wurde ich auf | ||
25 | den Vorschlag des oben erwähnten Menschenfreundes vom hiesigen Civil | |
Gericht als gerichtlich bestellter Sequester der Prager Gas Anstalt eingesetzt. | ||
Dadurch erhielt ich wieder 500 franks oder 200 f. monathlich, und ich konnte | ||
wieder als Mensch leben. Meine Stelle verwaltete ich mit der größten Auf- | ||
opferung, arbeitete Tag und Nacht, und brachte es so weit, daß die Anstalt | ||
30 | wenigstens sich halten konnte. Ich war Makler von Gasflammen und hatte | |
auch den Lohn dafür, die Anstalt fing an zu floriren. Die Zahl der Flammen | ||
wuchs, und ich bezahlte alle denjenigen die etwas von der Anstalt zu fordern | ||
aber keine Hypotheken hatten. Jetzt trat nun die neue Wendung der Ver- | ||
hältniße ein. Die Iris hatte zu ihrem Bevollmächtigten hier einen gewißen | ||
35 | Victorini bestellt, ein schlauer Italiener, der in Rouen Gas-Director war. | |
Derselbe hatte von der Iris eine unumschränkte Vollmacht als Director der | ||
Anstalt, sogar das Recht die Hälfte der Anstalt, die der Iris gehörte zu ver- | ||
kaufen, und da derselbe dadurch daß ich gerichtlicher Sequester wurde, nichts | ||
mehr zu sagen hatte, ich ihm auch als Administrator nicht brauchte und folg- | ||
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lich brodlos wurde so entwarf er folgenden Plan. Er verkaufte ohne etwas der | ||
Iris zu sagen, den Antheil zur Hälfte welcher der Iris gehörte und worauf die | ||
Iris noch eine Hypothek von 337,000 f. Conventions Münze hatte, als das | ||
Aequivalent des Capitals von 860 000 fr welches die Iris hier einzahlte, an einen | ||
5 | gewißen Steffek für die Summe von 80,000 f. oder 200 000 frank sich selbst | |
aber lies er 30,000 f. auszahlen. Dadurch hatte der Mann zu leben, seine Lage | ||
gesichert. Dies geschah Dec 1849. Als die Iris davon Kunde erhielt, lies sie | ||
gegen den Verkauf protestiren, machte einen Proceß anheischig und im Monat | ||
Mai kam Herr Chappon selbst hier an um den Prozeß weiter zu führen, blieb | ||
10 | mehrere Monate hier, und nachdem derselbe sich überzeugte, daß es sehr | |
schwer fallen wird, den Prozeß zu gewinnen, so bestättigte er den Verkauf in | ||
seinem ganzen Umfange, doch mußte Herr Steffek 40,000 f. oder 100,000 fr | ||
mehr geben. Sie sehen also daß trotz der großen Schurkerei des Bevoll- | ||
mächtigten der Iris dieselbe dennoch circa 36% erhielt, von dem Capital | ||
15 | welches dieselbe für Prag verwendete. Die andere Hälfte der Breslauer Gesell- | |
schaft gehört kraft des Vertrages den die Iris als Aequivalent für das Geld | ||
welches dieselbe einschoß betrachtete, kam nun zum Verkauf, und da H. | ||
Steffek mich liebgewonnen hatte, und auch jemand brauchte, der das Ge- | ||
schäft kennt, so unterstützte mich derselbe beim Kauf mit dem nöthigen Kauf- | ||
20 | schilling und Vadiumerlegung, und ich wurde der Käufer und Besitzer der | |
anderen Hälfte. | ||
So ist der Stand der Angelegenheit bis heute. Ich weiß nur noch nicht, ob | ||
ich es bleibe, denn wie ich höre, recuriren viele Gläubiger gegen den Verkauf. | ||
Den 21ten d. M wird es sich zeigen. Es ist der Tag der Berechnungsannahme. | ||
25 | Bleibe ich der Besitzer, so hoffe ich ein gutes Geschäft gemacht zu haben, | |
obgleich ich noch ungeheure Kämpfe werde zu bestehen haben, indem die | ||
Anstalt noch 36,000 f. Buchschulden hat die alle getilgt werden müßen. | ||
Nichts destoweniger sind dies alles nur Kleinigkeiten wenn ich nur die Anstalt | ||
behalte, die mit der Zeit eine Goldgrube zu werden scheint, so schön gestaltet | ||
30 | sich alles bis heut. Dies war nun nöthig ehe ich zur eigentlichen Beantwortung | |
Ihres Briefes schreiten konnte. Sie werden daraus ersehen, daß weder Perfidie | ||
noch Verrath die Worte sind, die man auf mich anwenden kann. Sie haben | ||
Geld zu einem Unternehmen gegeben welches so ergibig zu werden ver- | ||
spricht, wie bald kein anderes. Daß aber die Pariser Gesellschaft so betrogen | ||
35 | worden ist, dafür kann ich nicht. Nichtsdestoweniger hat die Pariser Gesell- | |
schaft 36% ihres eingezahlten Capitals erhalten, welches den Actionnären zu | ||
gute kommen wird, folglich auch Ihnen. Was ich Ihnen bis hierher schrieb | ||
ist reine Wahrheit, und ich berufe mich auf die beiden größten Banquier- | ||
häuser hier, von Lemmel, und Zdekauer, und auch auf das Civilgericht, welches | ||
Januar 1851 — HSA Bd. 26, S. 283 | ||
mir nöthigenfalls alles bezeigen werden, daß das was ich hier aussagte, reine | ||
Wahrheit ist, unverfälscht, daß ich also in jeder Beziehung gerecht und makel- | ||
los dastehe und Angriffe und Verläumdungen nicht zu fürchten habe denn | ||
zuletzt dringt doch immer die Wahrheit durch. Also bis hirher wären 36% | ||
5 | Ihres Capitals gerettet. und es handelt sich hier nur um den Rest. Dies ist aber | |
nicht meine Angelegenheit. Sie haben schon viele Geschäfte gemacht und | ||
haben Geld verloren. Pour mes beaux yeux haben Sie kein Geld der Iris ge- | ||
geben, sondern Sie hofften zu verdienen, und hätten wenn Sie Ihre Actien im | ||
Mai 1846 verkauft hätten, auch Geld verdient. Sie wollen aber Ihr Geld wieder- | ||
10 | haben, und hoffen es dadurch wiederzubekommen wenn Sie mir d r o h e n , | |
wenn Sie durch Ihre Freunde, die aber auch nur Ihre Freunde sind, weil Sie | ||
das Gegentheil f ür d i e s e l b e n t h u n , mich in der öffentlichen Meinung | ||
blosstellen wollen. Ob dies die Art und Weise ist, wie man einen Mann mit | ||
dem man 10 Jahre im besten Verkehr gelebt hat, d e r I h n e n jederzeit Beweise | ||
15 | seiner Uneigennützigkeit seiner Freundschaft, gab, der Ihnen zu jeder Zeit | |
half, denken Sie nur an Shakespeares Mädchen und Frauen, die Zeit wo Sie | ||
keinen Sous hatten; Und jetzt sprechen Sie nur von Drohungen, mich ver- | ||
nichten zu wollen. Würden Ihre Drohungen nur Wahrheit enthalten, ich | ||
brauchte keine Furcht zu haben. Ich habe in meinem ganzen Leben nichts be- | ||
20 | gangen, was mir Schande machen konnte, ja ich kann stolz darauf sein, ich | |
habe jederzeit allen meinen Freunden nur Gutes erwiesen, u n d n i e jemanden | ||
Unrecht gethan. Aber wie gesagt, ich kenne Sie, ich weis was Sie an Platen an | ||
Schlegel aufgebürdet haben, und weis auch sehr gut, daß Sie im Stande sind, | ||
mir noch viel Aergeres anzuthun. Ich setzte zwar voraus, und bin auch mora- | ||
25 | lisch durchdrungen, daß Sie diese Ihre Drohungen nicht gethan haben würden, | |
wenn Sie sich nicht in einer mißlichen Lage befinden würden. Allein wie komme | ||
ich dazu. Das einzige was mir in Ihrem Schreiben gefallen hat, ist, daß Sie | ||
Ihrer spitzigen Feder nicht eher freien Lauf ließen, bevor Sie mir noch schrie- | ||
ben. Doch hat bereits einer den Kampf für Sie begonnen, Alfred Meißner. | ||
30 | Ich mußte die Anspielungen die er auf mich machte belachen. Ich weiß nicht, | |
ist er von Ihnen influirt worden oder nicht. Doch dafür daß Sie mir wenigstens | ||
zeigten, daß Sie dennoch sich meiner wohlwollend erinnern, werde ich trotz- | ||
dem ich nicht dazu verpflichtet bin, auch thun, was in meinen Kräften steht. Es | ||
ist heut der 27te Jänner. Seit den 5ten dieses liege ich an einem gastrischen | ||
35 | Fieber darnieder, und heut ist der erste Tag, wo ich ausgehe. Noch im Laufe | |
dieser Woche werde ich für Sie circa 200 franks Stempel bezahlen, ich werde | ||
Ihre Actien stempeln laßen, und gleich darauf dieselben auf die Forderung von | ||
Chappon die 300,000 franks beträgt praenotiren laßen. Dadurch zwingen wir | ||
Chappon Ihnen das Geld zu bezahlen, 36% müßte er Ihnen ohnedies geben. | ||
Februar 1851 — HSA Bd. 26, S. 284 | ||
Dadurch wird er Ihnen obgleich ich mir denselben zum Feinde mache, Ihnen | ||
dennoch bezahlen. Nur bitte ich Sie und beschwöre ich Sie dieses Manoevre | ||
keinem andern Gläubiger der Iris zu sagen. Sie werden sehen es wird mir ge- | ||
lingen, Sie zu befriedigen, und Sie werden ausrufen. Callmonius ist ein großer | ||
5 | Mann. Mir selbst geht es jetzt etwas besser. Doch in 3 Jahren hoffe ich ein | |
wohlhabender vielleicht sehr reicher Mann zu sein, und dann lieber Heine, dann | ||
wird sich alles finden. Ich komme im Mai nach Paris um nach London zur | ||
großen Gewerbeausstellung zu gehen, ich hoffe Sie dann zu sehen, und bringe | ||
Ihnen vielleicht schon Ihr Geld. Nur haben Sie Geduld, verlaßen Sie sich | ||
10 | darauf, S i e w e r d e n k e i n e n S o u s v e r l i e r e n . Doch nur dann kann dies alles | |
geschehen, wenn Sie mich nicht absichtlich ruiniren, denn dann verlieren Sie | ||
selbst alles. Meine Frau liegt mir täglich in den Haaren, und quält mich fort- | ||
während mit den Worten, »laß meinen lieben Heine nichts verlieren«, wir | ||
lieben Sie Alle, das wißen Sie, auch wenn Sie vielleicht anderer Absicht sind. | ||
15 | Ich habe diesen Brief zweimal copiren laßen und denselben an zwei Freunde | |
nach Paris gesendet. Damit dieselben wenigstens wißen, wie die Sache steht, | ||
wenn Ihnen der Brief nicht so vorgelesen werden sollte, wie er geschrieben | ||
ist. Er kömmt aus meinem Innersten, es sind Worte die der Freund dem | ||
Freunde weiht. Also Gott befohlen, viele herzliche Grüße und die beste Ge- | ||
20 | sundheit wünscht Ihnen | |
Ihr aufrichtiger wahrer Freund | ||
F W Friedland | ||
Prag d. 27/1/51. | ||