Lieber Harry! | ||
Dein liebes Schreiben, worin Du mir sagst, daß Du ausgezogen bist und in | ||
5 | eine Neue wohnung ein gezogen bist, habe ich richtig erhalten wozu ich Dich | |
herzlich gratulire und wünsche Dir viel Glück vor allem daß Du Dich mit | ||
Gesundheit und Freude sie bewohnen möges, Gott lob daß es sich mit Deiner | ||
Gesundheit beßert, die bücher habe erhalten wofür ich Dir dancke, machen | ||
mir abwechslend viel Vergnügen gustav findet sich sehr Empfindlich daß | ||
10 | Du ihm die bücher nicht zu schickst, wan Du kanst so schicke sie ihm wan Du | |
es möglich machen kanst, ohne daß Du Dir Unannehmlichkeit aus setzes, daß | ||
Carl und Cicille jetz in Paris sind wird Dir schon lottche wohl geschrieben haben, | ||
ich befinde mich Gott lob wohl, nebst herzlichen Gruß und Kuß an Deine | ||
liebe Frau Umarmet Dich Deine Dich innig liebende Mutter Betty Heine geb. | ||
15 | von Geldern | |
N.S. wan es Deine zeit nur möglich erlaubet so schreibe mir schone nur | ||
Deine Gesundheit. | ||
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Welch Gezippel und Gezappel, hast Du nebbich gewiß gehabt, und wirst | ||
20 | nun hoffentlich in Ordnung sein. Dein Buch wird sehr gelobt, das einige | |
tadlen, ist natürlich, der referain ist von allen, daß Du unsterblich bist. Campe | ||
habe ich in Ewigkeit nicht gesehen. Hat Jovin das Buch erhalten, was bei Dir | ||
liegen blieb? Carl ist in Paris, auch Therese mit ihrem Manne. Schreibe mir | ||
etwas über Fuld, hir waren alle Blätter von ihm voll, ist er wirklich meschug- | ||
25 | gen. Grüße die liebe Mathilde von mir, und soll sich nicht zu sehr abzappeln, | |
wie geht es mit Deiner Gesundheit, hir ist eine grimmige Kälte, von Marie | ||
viel erfreuliches, lebe wohl, ich muß den Kindern Platz zu schreiben lassen. | ||
Künftig mehr von Deiner Dich herzlich liebende | ||
Schwester | ||
30 | Geliebter Onkel Harry | |
Bedauert habe ich, daß ich | ||
ziehen zu helfen, doch jetzt seid Ihr gewiß schon ganz in Ordnung, und Du | ||
lieber Onkel etwas wohler, ich wünsche Dir Massel und Broche, in Deiner | ||
neuen Wohnung. Wie ungemein ich mich mit Deinen neuen Büchern amüsirt | ||
35 | habe, brauche ich Dir wohl nicht erst zu sagen, doch bei Todesstrafe, dürfen | |
November 1854 — HSA Bd. 27, S. 255 | ||
wir nicht sagen, sie gelesen zu haben. Alle beneiden mich Heinrich Heine | ||
zum Onkel zu haben, ich bin auch nicht wenig stolz darauf. 1000 Grüße und | ||
Küsse schickt Dir, wie der lieben Tante | ||
Dein Dich innig liebendes Nichtchen | ||
5 | Helene | |
Lieber, lieber Onkel | ||
Du hast mir in der That, die erhabendsten Stunden meines Lebens bereitet, | ||
denn | ||
ist für mich der größte geistige Genuß! Fast alle Deine früheren Gedichte, | ||
10 | sind schon von mir parodirt worden, da Tante Dreckwall, und Onkel Fremden- | |
blatt e.t.c. mir so unendlich viel Stoff liefern, und nur ein Chimborasso unge- | ||
stopfter Strümpfe, hindert mich ein blauer Namensvetter zu werden. Die | ||
Stelle von Leo sollte ich meinem Eschen vorlesen, natürlich hielt ich mir beide | ||
Ohren zu, um nicht zu hören was ich selber las. Meine Mutter sieht für ihr | ||
15 | Alter bildschön aus, schneidet noch gewaltig Schnütchen, und kann noch | |
mit allen 3 Söchen conkuriren, nur fängt ös an ein Bischen chrusch zu werden, | ||
und wenn sie nichts verstanden hat, sagt sie: wir schnubbeln. Gustav leidet | ||
an demselben Gebreste und als Beide mit den tauben Ohren nach den gegen | ||
sich gekehrten Seiten saßen, hörten wir nichts als wa? und wie? Endlich | ||
20 | tauschten sie unter schallendem Gelächter die Plätze und nun hörten sie besser. | |
Ein Unglück der Bruder rechts und die Schwester links chrusch, wer schnub- | ||
belte nun am meisten! | ||
Für heute muß ich leider schließen, da ich keinen Raum mehr habe, und | ||
unser Geschmier kein Porto mehr werth ist; die liebe Tante Mathilde bitte | ||
25 | ich tausend mal zu küssen und lieb zu behalten Deine | |
Dich innig liebende Nichte | ||
Anna | ||
[Neben dem Brief von Betty Heine] | ||
Wer war Marizibell? U. A. w. g. Anna | ||
November 1854 — HSA Bd. 27, S. 256 | ||