Rheinische Post, 03.12.2004

Der Dichter der Liebe und Revolution geht online
72 Millionen Zeichen für Heine
Düsseldorf (dto). 5.600 Bilddateien, 7.500 Digitalfotos von Originalmanuskripten, 26.500 Buchseiten mit 72 Millionen Zeichen, die Arbeitsergebnisse mehrerer Forschergenerationen und vor allem der Esprit von Deutschlands amüsantestem Klassiker - das sind die Bestandteile des Heinrich-Heine-Portals (HHP), das gemeinsam vom Heine-Institut der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Universität Trier erarbeitet wird.

Unter www.hhp.uni-trier.de wird künftig alles von und vieles über Heine zu finden sein: Sämtliche Werke und Briefe, Dokumente zu Leben und Werk, wissenschaftliche Erläuterungen und aktuelle Informationen werden gebührenfrei im Internet präsentiert. Im Mittelpunkt steht eine vernetzte, wissenschaftlich kommentierte Gesamtausgabe von Heines Werken und Briefen im Volltext, verknüpft mit digitalisierten Handschriften-, Bild- und Buchbeständen aus dem Heine-Institut und anderen Literaturarchiven.

Das auf insgesamt fünf Jahre angelegte Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Kunststiftung NRW gefördert. Rund 800.000 Euro stellen sie dafür zur Verfügung. Nach Abschluss der ersten Arbeitsphase (2002-2004) zogen die Präsidentin der Kunststiftung NRW, Ilse Brusis, Stadtdirektor Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff und der Direktor des Heine-Instituts, Prof. Dr. Joseph A. Kruse, am 3. Dezember eine erste Bilanz.

Das Portal vereinigt die beiden maßgeblichen historisch-kritischen Heine-Gesamtausgaben, die unabhängig voneinander in der Bundesrepublik und der DDR entstanden: die 1973-1997 erschienene Düsseldorfer Heine-Ausgabe (DHA), herausgegeben von Manfred Windfuhr (23 Einzelbände), und die 1970-1984 publizierte Briefabteilung der Heine-Säkularausgabe (HSA), herausgegeben von den Nationalen Forschungs- und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur in Weimar (heute Stiftung Weimarer Klassik) und dem Centre National de la Recherche Scientifique in Paris (17 Einzelbände).

Diese 26.500 Textseiten mit insgesamt rund 72 Millionen Zeichen werden von einem chinesischen Dienstleister als Daten erfasst und mit Steuerzeichen versehen. Im Trierer Kompetenzzentrum werden die Dateien anschließend aufbereitet, im Heine-Institut werden sie wissenschaftlich und editionsphilologisch weiter bearbeitet. So wird der Briefwechsel Heines in vollständig überarbeiteter und aktualisierter Form präsentiert. Unter anderem kann bereits eine Reihe von Briefen gezeigt werden, die seit Abschluss der HSA neu entdeckt wurden.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Verknüpfung der Werk-, Brief- und Kommentartexte mit dem umfangreichen digitalen Bildmaterial: Briefhandschriften und Werkmanuskripte, Erstdrucke, abweichende Zeitschriftenpublikationen Heines, biographische und historische Dokumente (darunter die Nachlassbibliothek des Dichters) wurden mit Spezialkameras fotografiert. Sie vermitteln einen sinnlichen Eindruck von Heines Arbeit. Der größte Teil dieses Materials stammt aus dem Düsseldorfer Heine-Institut, wo etwa 60 Prozent der weltweit erhaltenen Heine-Handschriften aufbewahrt werden. Aber auch einige andere Archive stellen Dokumente für das Projekt zu Verfügung.

So kann nun erstmals ein umfangreicher externer Gesamtbestand der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden: Mit dem Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar wurde eine Kooperation vereinbart, die es ermöglicht, demnächst alle dort vorhandenen Heine-Handschriften in das Portal zu integrieren. Dies ist ein erster Schritt hin zu der auf lange Sicht angestrebten "virtuellen" Zusammenführung möglichst vieler der auf Archive in der ganzen Welt verteilten Heine- Manuskripte unter dem Dach des Heinrich-Heine-Portals.


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