DHA, Bd. 8/1, S.         
  Anhang.
    
  Verweis in den Anhang: Bruchstück B 28. Ich wäre in Verzweiflung wenn die wenigen Andeutungen, die mir (Seite 190)
5 in Betreff des großen Eklektikers entschlüpft sind, ganz mißverstanden wer-
  den. Wahrlich, fern ist von mir die Absicht Herren Viktor Cousin zu verklei-
  nern. Die Titel dieses berühmten Philosophen verpflichten mich sogar zu
  Preis und Lob. Er gehört zu jenem lebenden Pantheon Frankreichs, welches
  wir die Pairie nennen, und seine geistreichen Gebeine ruhen auf den Sammet-
10 bänken des Luxembourgs. Dabey ist er ein liebendes Gemüth, und er liebt
  nicht die banalen Gegenstände, die jeder Franzose lieben kann, z. B. den
  Napoleon, er liebt nicht einmal den Voltaire, der schon minder leicht zu
  lieben ist ... nein des Herren Cousins Herz versucht das Schwerste: er liebt
  Preußen. Ich wäre ein Bösewicht wenn ich einen solchen Mann verkleinern
15 wollte, ich wäre ein Ungeheur von Undankbarkeit .... denn ich selber bin ein
  Preuße. Wer wird uns lieben wenn das große Herz eines Viktor Cousin nicht
  mehr schlägt?
  Ich muß, wahrlich, alle Privatgefühle, die mich zu einem überlauten En-
  thousiasmus verleiten könnten, gewaltsam unterdrücken. Ich möchte nemlich
20 auch nicht des Servilismus verdächtigt werden; denn Herr Cousin ist sehr
  einflußreich im Staate, durch seine Stellung und Zunge. Diese Rücksicht
  könnte mich sogar bewegen, eben so freymüthig seine Fehler wie seine
  Tugenden zu besprechen. Wird er selber dieses mißbilligen? Gewiß nicht!
  Ich weiß, daß man große Geister nicht schöner ehren kann, als indem man
25 ihre Mängel eben so gewissenhaft wie ihre Tugenden beleuchtet. Wenn man
  einen Herkules besingt, muß man auch erwähnen, daß er einmal die Löwen-
  haut abgelegt und am Spinnrocken gesessen; er bleibt ja darum doch immer
  ein Herkules! Wenn wir eben solche Umstände von Herrn Cousin berichten,
  dürfen wir jedoch feinlobend hinzufügen: Herr Cousin, wenn er auch zu-
30 weilen schwatzend am Spinnrocken saß, so hat er doch nie die Löwenhaut
  abgelegt.
  In Vergleichung mit dem Herkules fortfahrend, dürften wir auch noch
  eines anderen schmeichelhaften Unterschieds erwähnen. Das Volk hat nem-
  lich dem Sohne der Alkmene auch jene Werke zugeschrieben, die von ver-
35 schiedenen seiner Zeitgenossen vollbracht worden; die Werke des Herren
  Cousin sind aber so kolossal, so erstaunlich, daß das Volk nie begriff, wie
  ein einziger Mensch dergleichen vollbringen konnte, und es entstand die
  Sage, daß die Werke, die unter dem Namen dieses Herren erschienen sind,
  von mehren seiner Zeitgenossen herrühren.
40 So wird es auch einst dem Napoleon gehn; schon jetzt können wir nicht
  begreifen, wie ein einziger Held so viele Wunderthaten vollbringen konnte.
  Wie man dem großen Victor Cousin schon jetzt nachsagt, daß er fremde
  Talente zu exploitiren und ihre Arbeiten als die seinigen zu publiziren
 DHA, Bd. 8/1, S.