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| | | entsprach. Von einer stürmischen Nachfrage kann jedoch auch in diesem Fall |
| | | nicht die Rede sein. |
| | | __Was in Form des D2-Drucks schließlich vorlag, erweist sich bei genauerer |
| | | Analyse zwar als Verbesserung gegenüber dem Erstdruck, aber textkritisch |
| 5 | | dennoch als Notlösung und Mischung aus verschiedenen Stufen. Trotz der |
| | | erleichterten Zensurbedingungen fehlten damals die Voraussetzungen, die |
| | | ursprünglich gewollte Textgestalt von ZGR vollständig und einheitlich |
| | | wiederherzustellen. Dies lag vor allem daran, daß Campe die handschriftliche |
| | | Vorlage für den Erstdruck (H) nicht auffinden konnte, sie also dem Autor bei |
| 10 | | seinem Rekonstruktionsversuch nicht zur Verfügung stand. Wir wissen heute, |
| | | daß sich H seit Frühjahr 1835 wieder in Hamburg befand, nachdem der |
| | | Herstellungsprozeß des Erstdrucks abgeschlossen war und Campe sich die |
| | | Unterlagen zur Aufhellung der Zensur von Altenburg hatte zurückschicken |
| | | lassen. Aber teils weil er sich 1852 an den genauen Vorgang nicht mehr erinnern |
| 15 | | konnte, teils weil er nicht an den richtigen Orten nachforschte, entging ihm, daß |
| | | er selbst im Besitz dieser Handschrift war. Aus dem zitierten Briefwechsel geht |
| | | hervor, daß der Verleger durchaus Verschiedenes unternahm, um H aufzufin- |
| | | den. In seiner ersten Mitteilung an Heine schrieb er, er werde sehen, was ich |
| | | etwa an Censur-Resten finde, sie Ihnen für diesen Zweck zusenden. Im April |
| 20 | | 1852 mußte er dem Autor aber melden, die Suche in der eigenen Ablage sei |
| | | vergeblich geblieben, was er auf den Hamburger Brand von 1842 zurückführte. |
| | | Ich hoffte es sey noch von der ersten Auflage ein uncensiertes Correctur Ex in |
| | | meinem Besitz; es muß verbrannt seyn: denn nirgends finde ich eine Spur |
| | | davon. Kurz danach wandte er sich sogar noch einmal an Pierer in Altenburg, |
| 25 | | ohne sich daran zu erinnern, daß das bereits im April 1835 geschehen war. Die |
| | | Anfrage führte entsprechend ebenfalls nicht weiter, worüber Campe am 5. Mai |
| | | ärgerlich berichtete (HSA XXVII, 39f.). Die entscheidende Vorlage war also |
| | | 1852 nicht aufzufinden und konnte daher bei der Textherstellung für D2 keine |
| | | Rolle spielen. |
| 30 | | __Heine mußte sich anderweitig behelfen und gab in seinen Antworten an |
| | | Campe auch bereits eine Reihe von Hinweisen. Zusammen mit den Handschrif- |
| | | ten des Nachlasses ergibt sich daraus für D2 folgendes Bild. Zunächst ist |
| | | festzuhalten, daß der Autor nur einen Teil der Zensureingriffe von 1834 wieder |
| | | rückgängig machte. Von den fünfzehn Streichungen stellte er nur sieben wieder |
| 35 | | her, die restlichen acht blieben unberücksichtigt, nämlich die Stellen 38,22; |
| | | 41,21f.; 59,6ff.; 59,14; 59,20; 61,5ff.; 67,12ff. und 73,4ff. Zwar ist zutreffend, |
| | | was Heine dem Verleger am 14. April darüber schrieb, daß es sich überwiegend |
| | | um kleine Verstümmlungen handelte. Aber auch diese Partien gehörten |
| | | selbstverständlich zum Originaltext und waren daran beteiligt, ihm die |
| 40 | | zeitkritische und prospektive Ausrichtung zu geben, die der Zensor Huth mit den |
| | | beschriebenen wirkungsgeschichtlichen Folgen 1834 unterdrückt hatte. Wichtig |
| | | ist auch, daß Heine sie 1852 nicht deshalb ausließ, weil er sie jetzt für überflüssig |
| | | hielt, sondern weil er selbst erkannte, daß er sie nicht wieder verbessern kann, |